Handelnde Personen: Barbara, Zenta, Ursula und Sigi
Vorgestellt hatte ich mir, daß acht Opernfreunde in zwei Autos nach Verona zur Aufführung der Tosca fahren. In Wirklichkeit fahren am Samstag in aller Hergottsfrüh drei Frauen und ein Mann, ich, in Michaels Auto ab gen Süden. Ich sitze mit Zenta hinten im Wagen und fühle mich ziemlich „ausgeliefert“ . Bei Wörgl wechseln sich die Fahrerinnen ab und wir legen eine kurze Rast ein, um uns auf die dünne Höhenluft am Brenner einzustellen. In einem Rutsch geht es dann durch bis zu einem Supermercato in Höhe Gardasee, wo die Damen Genußmittel einkaufen: Salami, Käse, Eingemachtes.Und weiter geht es in Richtung Verona auf der Stadtautobahn
Dabei fällt mir als hinten sitzender Beobachter eine eigenwillige Variante weiblichen Fahrverhaltens auf: Jedesmal, wenn wir uns einem Richtungsschild an der Schnellstraße nähern, gibt die Fahrerin Gas anstatt langsamer zu fahren ! Kaum sind wir am Schild vorbei, kommt von vorne die Frage: „Host du g’seng, wo’s langgeht ?“ worauf die Beifahrerin promt bemerkt: „Nach links auf gor koan Foi !“ Und weiter geht die wilde Jagd; wir kommen immer weiter ab von der Stadt und in die Ebene hinein und ich bin gespannt, wie es weitergeht. Das nächste Richtungsschild kommt näher und…Gas…und „Host g’seng, wo‘ s weitergeht ?“ und promt: „nach rechts auf gor koan Foi, wei do geht’s nach Mailand !“ Und so kurvten wir suchend im Veneto herum…,learning by driving heißt die Methode und sie funktioniert, wenn auch mit Verzögerung. Noch etwas fiel mir an dieser „Tangenziale“ auf: Schon aus der Ferne sah ich an der linken Fahrbahnseite eine ziemlich luftig gekleidete junge Frau, die sich ab und zu bückte- vielleicht um etwas aufzuheben oder um sich die Schuhbandl zu richten; seltsam, dieses Verhalten, aber vielleicht ist es auch ein traditioneller Willkommensgruß.
Wir landen jedenfalls glücklich am Parkplatz der Arena und bewegen uns -bei 30 Grad im Schatten- in Richtung Stadtzentrum. An einer Piazza essen wir eine Kleinigkeit, danach schlendern wir durch die Gassender Altstadt und kommen zum Haus von Romeo und Julia. Rührend wie sich auf dem kleinen Steinbalkon im ersten Stock ab und zu ein Mädchen in Juliapose wirft und hoheitsvoll herunterschaut auf die vielen Menschen in dem kleinen Innenhof.
Am Platz vor der Arena treffen wir dann, wie verabredet, Ginea und Silvia. Gegen 20 Uhr sitzen wir zu sechst auf einem Rang ziemlich weit oben, wo ein Lüftchen die Hitze etwas mildert, die aus den aufgeheizten Steinen strahlt. Ich unterhalte mich mit meinem Sitznachbarn zur Rechten über dies und das; wer mag wohl vor 2000 Jahren auf unserem Platz gesessen haben? „Un culo“ meint er, und dagegen ist wenig einzuwenden.
Es wird dunkel und die Zuschauer in dem riesigen Rund zünden kleine Wachskerzen an -wunderschön- die Sänger treten auf und die Tragödie nimmt ihren Lauf. Cavaradossi malt, Tosca liebt, Scarpia intrigiert und alles endet im Kugelhagel einer Gewehrsalve wie Verdi und das grausame Schicksal es wollten.
Gegen Mitternacht fahren wir zu Ginea und Silvia, wo je zwei von uns übernachten.
Am Sonntag Vormittag besuchen wir alle zusammen den Wochenmarkt in der Nähe von Castagnaro. Stände mit Kleidern Obst, Imitaten wie üblich. An der linken Seite des Marktes Geschäfte. In einem Geschäft- es ist leer- sitzt eine ältere Frau an einem Tisch, schaut raus und lächelt freundlich. Ich geh rein, wir begrüßen uns, ich schau mich um und sehe an der linken Wand Grabmale, weiter hinten Wohnräume, Kinder tollen herum. Wir unterhalten uns über die Preise -zwischen 1800 und 2500 Eu meint die Inhaberin, aber über den Preis können wir noch reden, ob’s pressiert !? „Ich hoffe nicht“ mein ich und sie erklärt mir, daß zur Zeit Grabsteine in Form von Wappen „in“ sind. War eine nette Unterhaltung so zwischen Himmel und Erde !
Um 14 Uhr treffen wir uns zum Mittagessen bei Silvias Familie. Wir sitzen zu zehnt um den Esstisch, es ist urgemütlich und es schmeckt vorzüglich:
Vorspeise: Parmaschinken und gebackene Auberginen, Oliven, sowie Zucchiniblüten. Dazu einen gekühlten Lambrusco. Es folgen Fettuccinein einer feinen Pilzsoße, dazu ein Lugana alto. Dann Scheiben vom Schwein gebraten mit Kartoffeln , geschwenkt in der Bratensauce, dazu ein Cabernet und als Nachspeise ein Eisparfait mit einem 94-er Picolit. Gegen 16 Uhr war leider Schluß mit Genuß, die beiden Autobahn- Schwalben setzten sich ans Steuer bzw. daneben, Zenta und ich hinten und ab ging es nach Hause. Hinten wurde gedöst, vorne wurde geratscht bis Barbara in die Unterhaltung die Worte einfließen lies: „Hat das rote Blinklicht etwas zu bedeuten ?“. Es hatte, aber wir hatten auch das Glück, daß kurz darauf eine Tankstelle kam – wir fuhren rein bis auf fünf Meter- dann stand der Wagen und war nicht mehr zu bewegen. „Schieben geht nicht, weil Automatik !“ sprach Barbara in ihrer ruhigen bestimmten Art. Der Tankwart hatte keinen leeren Kanister und der Wagen stand da wie ein störrischer Muli; es war wie bei „Verstehen sie Spaß“ nur leider Ernst ! Kurz und gut, wir fanden eine unkonventionelle Lösung, die Fahrt ging weiter und der Kommentar innen: “ Der Michael ist Schuld, weil er nie einen Reservekanister mitführt !“.
Gegen neun Uhr abends sind wir zurück in Ahrain, freundlich empfangen von Michael, nur zu müde , um noch einen Willkommenstrunk zu genießen, aber beschenkt mit dem Genuß zweier intensiv erlebter Tage. Wie sagt gleich der Kluge ? „Fülle deine Tage mit Leben nicht dein Leben mit Tagen“. Recht hat er !!